Zwischen zwei Regalen gefüllt mit Büchern steht eine Figur mit Lupe

Recherche mit KI – ja, nein, unter Umständen

KI kennt man – denkt man! Aber ist dem so? Was genau steckt dahinter, was passiert in diesen Anwendungen, was kann man damit in Bezug auf die Recherche machen – und was nicht? Wir (Nadine Lordick und Ulrike Lange aus dem Zentrum für Wissenschaftsdidaktik) waren in der Uni-Bibliothek zu Gast, um diese Fragen im Rahmen einer Schulung aufzuwerfen und sich mit Yvonne Strotmann und den weiteren Kolleg*innen des Schulungsteams der UB Bochum auszutauschen.

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Vivian Strotmann, Mitarbeiterin der UB, teilt ihre Erfahrungen aus der internen Schulung:
Den Unterschied zwischen künstlicher Intelligenz und Sprachmodellen erklärten uns die Kolleg*innen des ZfW. Genauso wie die beiden Facetten des für Sprachmodelle wichtigen natural language processing (understanding vs. processing), sowie die Bedeutung von Sequenz und Kontextwahrscheinlichkeit und ihr Zusammenspiel mit Zufallsgeneratoren zur Erzeugung immer anderer Textergebnisse.
Das klingt trocken? Ein Blick darauf lohnt sich aber, denn dann weiß man, womit man arbeitet, wenn man Chat GPT und andere bekannte Programme ähnlicher Art für Uniarbeiten oder Recherche verwendet und verfügt – bibliothekarisch gesprochen – über die notwendige Informationskompetenz.
Kompetenz ist ein wichtiges Stichwort in diesem Kontext. Denn: Zeit sparen, Abläufe vereinfachen, Überblicke schneller geben, das können die fraglichen Programme. Ergebnisse auf Korrektheit prüfen, Datenhalluzinationen, biases und andere mögliche Stolpersteine im Sprachmodell gestützten Rechercheprozess erkennen und anzeigen können sie jedoch nicht.
Deshalb gilt – kurz gesagt - erstens: „Augen auf bei der KI-Wahl“!
Wie groß das Angebot an unterschiedlichen Programmen ist führten uns die Kolleg*innen mit einem Einblick in verschiedene Sprachmodelle vor Augen. Und damit zugleich auch, wie wichtig es ist, das richtige Werkzeug für das eigene Recherche- oder Schreibvorhaben zu wählen. Eine der spannendsten Erkenntnisse des Treffens war somit, wie selbstverständlich man angesichts des Nutzungskomforts mitunter fälschlich annimmt, das Programm der Wahl sei ein one-stop shop und „könne alles“ oder alles gleich gut.
Auch sollte die Eingabe ins Werkzeug der Wahl wohlüberlegt sein. Prompt engineering will geübt sein. Denn die „KI“ denkt nicht mit bei der Verarbeitung der eigenen Anfrage, auch wenn der Name dies suggerieren mag. In der stringenten Umsetzung der eingegebenen Suchanfrage ist sie ebenso stur, wie ein „klassisches“ bibliothekarisches Discovery System (das, was häufig als „Katalog“ bezeichnet wird, also unser RUB-PRIMO ) – wenn auch zugegebenermaßen weniger penibel, was Tippfehler betrifft …
Deshalb gilt zweitens: Gründliches Einlesen und Prüfen des gewählten Programmes sollte der bequemen und schnellen Nutzung des „intelligenten“ Schreib-, Zusammenfassungs-, und Rechercheassistenten vorausgehen. Zeit investieren, um sinnvoll und zielführend Zeit zu sparen.
Das klingt paradox? Nicht wirklich. Für Sprachmodellsysteme gilt letztendlich dasselbe, wie für andere Recherchewerkzeuge auch: nur das vertraut machen mit den Funktionen, den Vorteilen, Grenzen und Eigenarten sichert, dass Ergebnisse erzielt werden, die für das eigene Studium oder die eigene Forschung brauchbar sind. Und diese wollen gut auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Ausgewogenheit geprüft werden.
Deshalb könnte man drittens sagen: die echte Intelligenz sitzt immer noch vor dem Computer.
Neben diesen Themen tauschten wir uns über eine Vielzahl anderer Aspekte aus. Darunter:
Wie kann man Sprachmodellprogramme zur sinnvollen Schreibunterstützung nutzen?

Was ist cognitive offloading?

Welchen Einfluss haben die eigenen Recherchegewohnheiten darauf, ob eine „KI“ oder ein Bibliotheksdiscovery den eigenen Bedürfnissen eher entspricht?

In welcher Phase des Recherche- und Schreibprozesses könnten welche Funktionen besonders nützlich sein?
Und nicht zuletzt – im wissenschaftlichen Kontext zentral – wurde die Problematik des Zitierens von mit Sprachmodellen erzeugten Inhalten besprochen, ebenso wie die häufig gegebene Intransparenz in Bezug auf die von der Anwendung genutzten Quellen. Die entscheidenden Schlagworte für eine weitere Beschäftigung mit dem Thema sind „Nachvollziehbarkeit der Quellen“, „Falsifizierbarkeit/Überprüfbarkeit der Ergebnisse“ und „Wertschätzung der Vorgänger*innen“.
Am Ende des Austausches war noch viel Stoff für weitere Unterhaltungen gegeben. Wir danken den Kolleg*innen vom ZfW für eine spannende, informative und nützliche Fortbildung!

Auch für uns war es ein fruchtbarer Austausch. Beim Thema KI zeigt sich immer wieder, wie stark die Expertise derjenigen gefragt ist, die sich schon lange mit Kernthemen des wissenschaftlichen Arbeitens beschäftigen – so natürlich auch bei der Literaturrecherche und -rezeption. Die UB und das ZfW werden sich weiter über das Thema austauschen, um Lehrenden und Studierenden Unterstützung bei der Gestaltung ihrer wissenschaftlichen Arbeit zu bieten.
Angeklickt und weitergelesen:
In der UB der RUB können Sie sich zu Fragen der Recherche beraten lassen, Kurse zum Thema Literaturverwaltung belegen, und erfahren, welche Qualitätsindizien es für Quellen gibt. Für Forschende werden darüber hinaus umfangreiche forschungsnahe Dienstleistungen geboten.

Am Schreibzentrum finden Sie Unterstützung und Beratung zum Thema Schreiben in Studium und Lehre.

Das ZfW beschäftigt sich u. a. im Rahmen des Projektes KI:edu.nrw intensiv mit dem Thema KI in Studium und Lehre. Wir unterstützen Sie auch mit RUB internen Schulungen zum (didaktischen) Umgang mit KI-Anwendungen in Ihrem Bereich oder der Moderation eines Austauschs zum Thema in einem Kreis zum Kolleg*innen. Sprechen Sie hierfür gerne Nadine Lodrick an

Im Rechtsgutachten der RUB finden Sie Überlegungen zum Thema Urheberrecht und von generativen Technologien erstellten Texten und in einer Stellungnahme der DFG erste Leitlinien für den Umgang mit ihnen in wissenschaftlichen Texten.

Im FAQ werden die wichtigsten Fragen zum Umgang mit generativer KI an der RUB beantwortet.

Zu den Autorinnen

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Vivian Strotmann (ORCID ID: 0000-0002-6009-5182) ist in der UB Bochum in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit, Projektmanagement digitaler Projekte, Nachhaltigkeit, Alumnimanagement und Inklusion aktiv. Sie betreut die Fachrichtungen Arabistik und Geschichtswissenschaft als Fachreferentin.
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Nadine Lordick ist Mitarbeiterin im Schreibzentrum und im Projekt KI:edu.nrw und beschäftigt sich insbesondere mit KI-gestütztem Schreiben.
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Dr. Ulrike Lange ist Mitarbeiterin am Schreibzentrum im ZfW. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Schreibberatung und Schreibveranstaltungen, Plagiatsprävention, Mehrsprachigkeit.

Bildnachweis:
Titelbild: Canva
Bild Fr. Strotmann: @RUB, Rosenkranz

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