Blick auf den Eingang der Bibliothek "Orkanen" der Malmö Universität.

Mit UNIC nach Malmö: zu Gast im Schreibzentrum und ein Blick über den Tellerrand

Im Rahmen des UNIC Job-Shadowing-Programms war ich als ZfW-Mitarbeiter im Schreibzentrum mit Erasmus+ für eine Woche an der Universität Malmö. Dort habe ich das Schreibzentrum und das (frei übersetzt) „Zentrum für Lehre und Lernen“ besucht und mich mit den Kolleg*innen über verschiedene Aspekte unserer Arbeit ausgetauscht.

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Bevor es losgeht: Wie funktioniert das eigentlich?

Das Fazit zuerst: Die Organisation war sehr einfach und nicht besonders aufwendig, was ich nicht erwartet habe. Nach ein paar Klicks habe ich gesehen, dass die Uni Malmö ein Schreibzentrum und ein schreibdidaktisches Angebot für internationale Studierende auf Englisch hat. Da genau dies ein Schwerpunkt meiner Arbeit im Schreibzentrum im ZfW ist, erschien mir das sehr passend.
Nach ein paar Mails und einigen ausgefüllten Formularen war der Besuch im schwedischen Schreibzentrum dann geklärt. Für 5 Tage wurde für mich ein Programm zusammengestellt, bestehend aus Hospitationen in verschiedenen Veranstaltungen und Gesprächen mit Personen in verschiedenen Funktionen am Schreibzentrum und an der Uni.
Stadtpark Malmö: Blick auf einen See, umrandet von Bäumen.
Mein Arbeitsweg in Malmö war zu schön, um ihn hier nicht zu teilen: Erst bin ich durch den Stadtpark (oben) und dann an der World Maritime University (rechts) vorbeigelaufen.
Gebäude der World Maritime University in Malmö.

Mein erster Eindruck

Vor der ersten Hospitation hat mich Lisa, die Leiterin des Schreibzentrums, durch zwei der fünf Hauptgebäude der Universität geführt, die Bibliothek und ein Fakultätsgebäude (wie bspw. GA bei uns). Die Gebäude der Uni liegen zwar sehr nahe beieinander, es ist aber genau genommen keine Campus-Uni.
Vogelperspektive auf unterschiedliche Arbeitsplätze (auf mehreren Etagen) eines Fakultäts- bzw. Seminargebäudes.
Ein Fakultäts- und Seminargebäude, von der Funktion vergleichbar mit bspw. GA, mit vielen unterschiedlichen Arbeitsplätzen.
Mein erster Eindruck war, dass die Gebäude sehr modern, bunt und zum Studieren gemacht sind. Das ist doch jede Uni, oder nicht? Ja, aber allein die Anzahl an Arbeitsplätzen im Fakultätsgebäude, die auch von den Studierenden größtenteils genutzt werden, sind mir besonders positiv aufgefallen – auch, weil ich an meinen ZfW-Kollegen Robert und das Lehrflächen-der-Zukunft-Projekt denken musste. Studierende haben viele unterschiedliche Möglichkeiten, sich allein oder in Gruppen mit ihren Projekten zu beschäftigen. Besonders auffällig war auch die Menge an natürlichem Licht. Das Bibliotheksfoyer ist vollständig gläsern überdacht, zu allen Seiten gibt es große Fenster. Der Blick auf Wasser macht auch echt etwas her.
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Der Blick auf den Rörsjökanal von der Bibliothek aus.

Das Schreibzentrum in Malmö

Lisa Bjernhager und Adam Gray, beide in unterschiedlichen Rollen im Schreibzentrum tätig, haben sich während meines Aufenthalts um mich gekümmert. Lisa hat mir die Uni gezeigt, war bei allen organisatorischen Fragen eine große Hilfe und hat mein Programm organisiert. Mit ihr habe ich viel über grundsätzliche Aspekte, wie die Struktur und Entwicklung des dortigen Didaktik-Zentrums und des Schreibzentrums gesprochen.
Adam moderiert viele Veranstaltungen, z.B. Grammar Classes, eine 45-minütige Lunch Lecture zu verschiedenen Themen des wissenschaftlichen Schreibens und studiengangsübergreifende Seminare für Bachelorstudierende. In der Woche war ich bei allen seinen Veranstaltungen dabei und habe auch mit ihm über seine Rolle im Schreibzentrum, Probleme mit digitalen und Präsenzangeboten, Werbung für die eigenen Angebote und die Schreibtutor*innenausbildung – im Malmö heißen studentische Schreibberater*innen „English Writing Mentors“ – gesprochen.
Frau hät ein lilafarbenes T-Shirt mit der Aufschrift "Skrivverkstaden" (dt. Schreibwerkstatt) hoch.
Lisa Bjernhager mit dem Tutor*innen-T-Shirt.
Im Hintergrund: Plakat für die "Skrivverkstaden-The Writing Centre" der Malmö Universität. Im Vordegrund: Runder Tisch mit bunter Tischdecke und vier schwarzen Stühlen.
Der Schreibberatungsraum.

Mein Schattendasein

Nach der Tour durch die Uni habe ich dann die erste Veranstaltung besucht: die Grammar Class mit Adam. Die Uni Malmö bietet viele Studiengänge, gerade auch Bachelorstudiengänge im geisteswissenschaftlichen Bereich, nur auf Englisch an. Deshalb ist so eine Grammar Class natürlich sinnvoll, auch wenn das nicht zum eigentlichen Arbeitsbereich vieler Schreibzentren gehört. Mit der Mischung aus kurzen Inputs, Gruppenübungen und viel Zeit für Fragen bin ich sehr vertraut, weshalb Adam und ich im Anschluss weniger über die konkrete Veranstaltung und mehr über die Organisation der Angebote gesprochen haben.
Adam lehrt und berät bspw. nur noch in Zoom, weil so die Teilnehmendenzahlen höher seien. Im ZfW haben wir gemischte Erfahrungen, persönlich kann ich aber sagen, dass ich gerade mehrstündige Workshops in Präsenz vorziehe und das auch von den Teilnehmenden höre.
Sehr gespannt war ich auf den Dienstag, da stand die Lunch Lecture zum Thema How to start the Writing Process und eine Seminarsitzung zum Thema Peerfeedback an. Die Lunch Lecture ist eine 45-minütige Inputveranstaltung ohne Übungen. So ein Format biete ich bzw. bieten wir im Schreibzentrum gar nicht an, weshalb ich sehr interessiert daran war, wie er dieses Format gestaltet und wie die Rückmeldung der Teilnehmenden ist. Adams Erklärungen und Inhalte fand ich schlüssig und sehe auch Parallelen zu meinem grundlegen Ansatz. Für mich ist das Format, 45 Minuten Input für schwarze Kacheln, allerdings didaktisch fragwürdig, da es eben keine Übungen oder Reflexionsanlässe gab. Im Gespräch hat Adam mir dann erklärt, dass er dieses Format als Ergänzung zu seinen Veranstaltungen ansieht. Es besteht natürlich keine Pflicht für bspw. Studierende seines Seminars, an der Lecture teilzunehmen, einige täten dies aber. Einige Studierende bevorzugen auch den Input ohne direkt angeschlossene praktische Einheiten, würden aber dann in die Beratung kommen, um über ihre Anliegen, die sich aus der Lecture ergeben haben, zu sprechen.
An meinem letzten Tag war ich in an der Universität Lund, etwa 30 Minuten mit dem Zug von Malmö entfernt. Hannah Glad, die ein Schreibzentrum an einer (im weitesten Sinn) wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät betreut, hat mich empfangen. Wir haben viel über die Möglichkeiten und Grenzen von fachspezifischen schreibdidaktischen Angeboten, der Notwendigkeit von mehr Personal – ideal fänden wir, wenn eine schreibdidaktisch ausgebildete Person an jede Fakultät angebunden wäre – und der Wirkung der Schreibzentrumspräsenzen auf Instagram und Tiktok gesprochen. Während wir bei uns in Bochum sehen, dass Instagram-Werbung bei Studierenden, bspw. bzgl. der Anmeldungen in Workshops, ankommt, hat Hannah andere Erfahrungen gemacht.
„Studierende haben uns gesagt, dass sie soziale Medien eher für die Freizeit nutzen, besonders Tiktok. Sie nehmen uns zwar wahr, würden Informationen aber auf anderen Wegen suchen.“

Ich packe meinen Koffer und nehme mit…

Nach fünf vollen Tagen war mein Aufenthalt in Malmö vorüber, und auch wenn es nach einem Klischee klingt, die Zeit verging wie im Flug. Ich lasse Vieles jetzt erstmal sacken – diesen Beitrag habe ich während des Aufenthalts bzw. kurz danach geschrieben. Ich kann aber jetzt schon sagen, dass ich Einiges mitnehme, nämlich:
Die Erkenntnis, dass Malmö eine sehr moderne und schöne Stadt ist: Gut ausgebaute Radwege, ein zuverlässiger ÖPNV und gefühlt wenig Autoverkehr machen es leicht, die Stadt zu erkunden mitsamt ihren großen Parks, ihrer alten Architektur und dem Zugang zum Meer.

Gemischte Gefühle in Bezug auf die Uni: Einerseits sind die vielen Arbeitsplätze für Studierende gut, andererseits gibt es an der und um die Uni herum meines Erachtens keine studierendenfreundlichen Essensgelegenheiten. Ein vollwertiges Mittagessen geht dort ab ca. 11€ los – das wäre als Student nicht in meinem Budget gewesen.

Einen Auftrag: Ich werde versuchen, den schwedischen Brauch Fika bei uns einzuführen. Die Fika ist eine kurze Pause, zwischen 5 und 15 Minuten, die regelmäßig am Tag gemacht wird. So treffen sich Adam, Lisa und andere Kolleg*innen um 10 und um 15 Uhr für einen Kaffee oder Tee im Teamraum und man bespricht teilweise Arbeitsthemen, teilweise auch private Themen.

Drei neue Kontakte: Mit Lisa, Adam und Hannah hätte ich noch Stunden und Tage reden können. Einerseits haben wir viele ähnliche Erfahrungen und Perspektiven, andererseits auch unterschiedliche Herangehensweisen und Gedanken.
Was ist UNIC?
UNIC (European University of Cities in Post-Industrial Transition) ist eine von Erasmus+ geförderte Allianz von 10 Universitäten in Europa, in deren Rahmen die Kooperation von Studierenden, Lehrenden und Mitarbeiter*innen der beteiligten Unis gefördert werden soll. Am ZfW ist Astrid Tan für die Koordination des Netzwerks der UNIC Zentren für Lehren und Lernen zuständig, die gemeinsam das UNIC Centre for Teaching and Learning bilden. Für den Austausch im Rahmen eines Job-Shadowing ist für Ruhr-Universität Bärbel Klaffke zuständig.
Job-Shadowing an einer der UNIC-Partnerhochschulen ist für alle Mitarbeiter*innen der RUB möglich. Alle Informationen finden Sie hier.
Bildnachweis: André Deutscher
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André Deutscher
André Deutscher arbeitet im Zentrum für Wissenschaftsdidaktik. Als Teil des Schreibzentrumsteams gibt er Beratungen, führt verschiedene Veranstaltungen zum wissenschaftlichen Schreiben durch und erarbeitet mit internationalen Studiengängen schreibdidaktische Elemente.

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