Am Anfang einer Hausarbeit steht fast immer eine Recherche: Was gibt es schon an Erkenntnissen zu Ihrem Thema, was müssen Sie in Ihrer Hausarbeit berücksichtigen? In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, wie Sie eine Literaturrecherche angehen können, welche verschiedenen Arten zu lesen es gibt und wie Sie dabei Notizen machen können, die Ihnen beim Schreiben helfen.
Worum es in dieser Serie geht
Diese Serie richtet sich an Studierende, die eine Hausarbeit schreiben (wollen). In loser Folge werden wir – die Mitarbeiter*innen des Schreibzentrums – verschiedene Aufgaben erläutern, die beim Schreiben einer Hausarbeit auf Sie zukommen, und Ihnen Anregungen dazu geben, wie Sie sie konkret bewältigen können. Wir werden uns dabei bemühen deutlich zu machen, was fachübergreifend gilt und was fachspezifisch ist. Sie sollten dennoch prüfen (oder jemanden fragen), ob das, was wir hier sagen, auch so auf Ihr Fach zutrifft.
Welche Bedeutung hat das Lesen an der Uni?
Ohne das Lesen wissenschaftlicher Texte ist kein Schreiben eigener wissenschaftlicher Texte möglich, erst durch die Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen anderer entsteht eigenes Wissen. Wissenschaft ist im Kern diskursiv, in Diskussionen, die durchaus kontrovers sein können, formieren sich die Wissensbestände einer Fachcommunity (immer wieder) neu. Diese Diskussionen werden teilweise, z. B. auf Tagungen, auch mündlich geführt, zum weit überwiegenden Teil allerdings schriftlich in Form von Publikationen. Der Stand der Diskussion über Ihr Thema ist die Grundlage Ihrer Arbeit.
Dieser Anspruch, die aktuelle Diskussion zu einem Thema zu erfassen, kann für Anfänger*innen im wissenschaftlichen Schreiben erschlagend sein – und nicht nur für diese. Helfen kann hier vielleicht der Gedanke, dass es nicht darum geht, alle Literatur, die jemals zu einem Thema geschrieben wurde, zu erfassen, sondern die wichtigsten Publikationen zur eigenen Fragestellung. (Gerade wenn Sie die ersten Arbeiten schreiben, können Sie auch auf die Literatur zurückgreifen, die Ihre Lehrenden z. B. in Form einer Literaturliste empfehlen.) Hier sind wir direkt bei einem wichtigen Aspekt: Konkretes Recherchieren und Lesen für eine Hausarbeit geht nicht, ohne sich über die genaue Ausrichtung der Arbeit Gedanken zu machen, ohne eine Fragestellung zu entwickeln . Diese können Sie aber erst festlegen, wenn Sie schon ein wenig recherchiert haben… Wo also anfangen?
Erste Recherche …
Um eine erste Idee zu bekommen, in welche Richtung es für Sie in Ihrer Hausarbeit gehen kann, sollten Sie sich in einem ersten Schritt ganz grob orientieren. Dafür sind die erste Eingrenzung Ihres Themas und Formulierungsentwürfe einer Fragestellung ein guter Ausgangspunkt. Neben Fachlexika und Handbüchern kann auch Wikipedia in dieser Phase hilfreich sein – hier geht es noch nicht darum, zitierfähige Literatur zu finden, sondern sich einen ersten Überblick zu verschaffen, wie der Wissensstand zu Ihrem Thema ist. Ziel dieses ersten Überblicks ist, neben dem inhaltlichen Einstieg in das Thema, auch, die relevanten Begriffe kennenzulernen und damit geeignete Suchbegriffe zu finden, mit denen Sie dann Ihre Literaturrecherche starten können. Welche Wörter kommen immer wieder vor, z. B. in Titeln von Publikationen, in Abstracts? Suchen Sie nach diesen Begriffen und legen Sie eine eigene Sammlung von Begriffen an, nach denen Sie recherchieren können.
Notieren Sie sich auch Synonyme für die Suchwörter Ihrer Recherche. Wenn man an sein Thema denkt, neigt man häufig dazu, dies immer in denselben Begriffen zu tun. Während es beim wissenschaftlichen Formulieren wichtig ist, bei den Schlüsselwörtern Ihrer Arbeit immer bei denselben Begriffen zu bleiben, dürfen und sollen Sie bei der Recherche kreativ werden: Welche Synonyme gibt es für die zentralen Begriffe Ihrer Arbeit, nach welchen Wörtern können Sie noch suchen? So legen Sie Schritt für Schritt ein Verzeichnis der Schlagwörter an, die in Ihrer Arbeit eine Rolle spielen. Übersetzen Sie die zentralen Begriffe Ihrer Arbeit auch ins Englische. So erweitern Sie Ihren Suchradius und erfassen auch englischsprachige Literatur.
Diese Schlagwörter können Sie neben der Recherche auch für die Verwaltung Ihrer Literatur nutzen, sei es in Citavi oder einer anderen Literaturverwaltungssoftware, sei es in einem eigenen Verzeichnis. Wofür Sie sich entscheiden, ist letztlich egal, Sie sollten sich nur die Ergebnisse Ihrer Recherche, vielleicht auch den Rechercheweg notieren. Zum einen sparen Sie sich so ggf. doppelte Arbeit und recherchieren nicht mehrfach nach denselben Begriffen mit denselben Ergebnissen, zum anderen ist die Literaturrecherche bei einigen Arbeiten (Literatur Review) Teil des methodischen Vorgehens, das Sie in der Arbeit kritisch reflektieren müssen.
… und erstes Sichten der Literatur
Wenn Sie erste Publikationen zu Ihrem Thema gefunden haben, sollten Sie diese Literatur sichten, um zu entscheiden, ob Sie damit weiterarbeiten wollen. Verschaffen Sie sich dazu einen groben Überblick über den Inhalt: Lesen Sie das Abstract oder, bei einer Monografie oder einem Sammelband, das Vorwort, schauen Sie sich das Inhaltsverzeichnis, evtl. auch Tabellen und Abbildungen an. Zu diesem Zeitpunkt im Arbeitsprozess sollten Sie noch nicht anfangen, ganze Publikationen zu lesen. So tief in das Thema einsteigen müssen Sie noch nicht. Erst wenn Sie Ihre Fragestellung etwas genauer formuliert haben, können Sie entscheiden, ob die Publikation relevant für Ihre Hausarbeit ist oder nicht. Wenn Sie die Publikation grob überfliegen, können Sie auch Ihr Suchwortverzeichnis erweitern: Werden dort andere Begriffe benutzt, die hilfreich für die weitere Recherche sein könnten?
Tipps für die Literaturrecherche
Einen ausführlichen Leitfaden für die Recherche stellt die UB der RUB zur Verfügung, auch in einen entsprechenden Moodle-Kurs können Sie sich einschreiben. Dort erfahren Sie u. a. viel darüber, wie Sie eine Suchstrategie entwickeln können, wie Sie mit den verschiedenen Datenbanken umgehen und nicht zuletzt, wie Sie sich die Literatur beschaffen können.
Wenn Sie schon eine Themenidee oder sogar eine Fragestellung haben, können Sie sich auch an die Fachberatung der UB wenden und dort einen Termin zur individuellen Beratung vereinbaren. Nutzen Sie das Angebot – Sie erhalten dadurch nicht nur konkrete Rechercheergebnisse für Ihr spezifisches Schreibprojekt, sondern lernen auch fachbezogene Suchstrategien und Datenbanken kennen!
Literatur lesen und verarbeiten
Ihre (erste) Recherche war erfolgreich, Ihr Schreibtisch ist mit Bücherstapeln und Ausdrucken beladen, Sie haben umfangreiche Dateien mit Publikationen auf Ihrem Notebook. Wie geht es jetzt weiter?
Die nicht unbedingt klügste Vorgehensweise wäre es, sich wahllos ein Buch vom Stapel zu greifen oder eine Datei aus dem Ordner zu ziehen und diese Publikation komplett zu lesen. Vielmehr ist es hilfreich, sich jeweils zu überlegen, welche Art des Lesens gerade hilfreich wäre. Vielleicht haben Sie sich noch keine Gedanken darüber gemacht, wie viele verschiedene Lesestrategien Sie schon im Alltag nutzen. Nicht jeden Text werden Sie auf die gleiche Art lesen: Manche Nachrichten werden überflogen, manchmal nehmen Sie vielleicht bei Online-Artikeln nur die Schlagzeile wahr, eine komplizierte Gebrauchsanweisung wird gründlich und mitunter mehrfach gelesen. Auch beim Lesen wissenschaftlicher Texte empfiehlt es sich, verschiedene Strategien anzuwenden, je nachdem, was Sie von dem Text, der vor Ihnen liegt, gerade brauchen.
Machen Sie sich dazu vor dem Lesen Ihr Leseziel klar: Welche Funktion hat dieser Text gerade im Rahmen Ihres Arbeitsprozesses? Warum lesen Sie diesen Text gerade jetzt? Sind Sie gerade dabei, sich einen Überblick über Ihr Thema zu verschaffen und noch nicht sicher, ob der vorliegende Text geeignet ist? Dann können Sie den Text überfliegen, sich einzelne Passagen vielleicht genauer ansehen, um zu entscheiden, ob bzw. was Sie von dem Text brauchen. Geht es eher darum, dass Sie gezielt Informationen zu Ihrem Thema bzw. zu einzelnen Aspekten Ihres Themas suchen, können Sie den Text auf Begriffe hin scannen. Wenn Sie schon sicher sind, dass es ein grundlegender Text für Ihre Arbeit ist, mit dem Sie wahrscheinlich häufig arbeiten werden, sollten Sie den Text gründlich lesen und sich dabei Notizen machen. Eine Übersicht über verschiedene Lesetechniken finden Sie hier.
How do experts do these things? – Ein (fachspezifisches) Beispiel fürs Lesen
Je nachdem, wie in einem Fach die typischen Texte aussehen, gibt es auch fachspezifische Unterschiede beim Lesen. Wie in Ihrem Fach gelesen wir, eignen Sie sich im Laufe Ihres Studiums an. Wie sich z. B. erfahrene Historiker*innen einem Buch annähern und sich einen Überblick verschaffen, sehen Sie in diesem Video, dass die Historikerin und Schreibdidaktikerin Dr. Friederike Neumann erstellt hat. Sie hat Kolleg*innen gebeten zu demonstrieren, wie sie anfangen zu lesen und welche Gedanken ihnen durch den Kopf gehen, wenn sie ein ihnen unbekanntes Buch in der Hand halten.
Notizen machen
Um die Erkenntnisse, die Sie während des Lesens gewonnen haben, zu sichern und sich nicht allein auf Ihr Gedächtnis zu verlassen, sollten Sie Ihren Leseprozess mit Notizen unterstützen. Unterstreichungen sind die wohl einfachste Form, Gelesenes so hervorzuheben, dass Sie bei einem späteren Blick in den Text wieder schnell erfassen können, was Sie beim Lesen wichtig fanden. Sie können mit verschiedenen Farben unterschiedliche Aspekte hervorheben – legen Sie sich in diesem Fall eine eigene Legende an, damit Sie später nachvollziehen können, wofür welche Farbe steht: Grün = Analyseaspekt A; Blau = Analyseaspekt B usw. Randkommentare können die Unterstreichungen und Hervorhebungen unterstützen.
Hier können Sie mit individuellen Symbolen arbeiten, bspw. ein Ausrufezeichen, wenn Sie einer Aussage im Text zustimmen, ein Fragezeichen, wenn Sie etwas nicht verstanden haben, und dazu noch etwas nachlesen möchten. Eine arbeitsintensivere Form der Lesenotiz ist das Exzerpt , in dem Sie das Gelesene in eigenen Worten zusammenfassen. Eine Form des Exzerptes kann sein, dass Sie Absatz für Absatz in einem Schlagwort oder einem Satz zusammenfassen. Sie können das Exzerpt auch um eigene Anmerkungen ergänzen oder um Hinweise, wo in Ihrem Text Sie es verwenden möchten – nutzen Sie es so, wie es für Sie sinnvoll ist. Sie sollten nur sicherstellen, dass Sie die jeweilige Textstelle notieren, um mit dem Exzerpt später plagiatssicher weiterarbeiten zu können.
Weitere Tipps zum Recherchieren, Lesen, Notizen machen:
In unserem Workshopprogramm bieten wir regelmäßig Veranstaltungen zu Thema Lesen und Notizen machen an.
Das Finden und Lesen von Fachliteratur kann auch ein Thema von Schreibberatungen sein. Sprechen Sie uns an, wenn Sie hier nicht vorankommen.
In diesem Video des Schreibzentrums der Universität Frankfurt am Main berichten Forschende aus verschiedenen Fächern über Ihr Lesen und machen u.a. deutlich, wie sich das Lesen für wissenschaftliche Texte vom „Freizeitlesen“ unterscheidet.
Mehr aus dieser Serie
In unserer Serie "Hausarbeiten schreiben" sind schon einige Beiträge erschienen. Lesen Sie gerne rein:
Bildnachweis: Nadine Lordick, Katinka Netzer
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Katinka Netzer
Katinka Netzer ist Mitarbeiterin im Schreibzentrum im ZfW. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Workshops, Schreibberatung und die Arbeit mit Fach-Schreibtutor*innen.
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