Die Autorin dieses Beitrags
Dr. Martina Schmohr studierte Psychologie an der Ruhr-Universität Bochum. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie in einem BMBF-Projekt zu „Engen Beziehungen“ und schloss dieses erfolgreich ab. Sie lehrte am Lehrstuhl Sozialpsychologie im Bachelor- und Masterstudium, betreute zahlreiche Abschlussarbeiten und forschte zu Partnerschaften, Commitment und Identität. Während dieser Zeit absolvierte sie das Hochschuldidaktische Zertifikat und ein weiterbildendes Studium „Prozessbegleitung – Veränderungsprozesse gestalten“. Seit 2009 leitete sie die Stabsstelle Interne Fortbildung und Beratung an der RUB und seit der Gründung des Zentrums für Wissenschaftsdidaktik 2017 den Bereich Hochschuldidaktik.
Kontakt: martina.schmohr@rub.de
Die Methode des forschenden Lernens ist das Leitprinzip der Lehre an der RUB
Die didaktische Methode des Forschenden Lernens nimmt in der Vision von Lehre und Studium an der RUB, die im Leitbild Lehre und Studium beschrieben wird, eine zentrale Rolle ein. Aber was wird unter Forschendem Lernen verstanden und warum kann diese Form der Lehre die RUB dabei unterstützen, die Ziele des Leitbilds zu erreichen? Hier finden sie Definitionen, Merkmale, Hinweise zur konkreten Umsetzung in der Lehre und praktische Unterstützungsangebote.
Was ist Forschendes Lernen?
Beim Forschenden Lernen ist der Gedanke zentral, dass Studierende durch eigenes Forschen lernen. D.h. die Lernenden agieren wie Forschende, indem sie z.B. Forschungsfragen entwickeln, Recherchen anstellen, kleinere Untersuchungen durchführen und deren Ergebnisse interpretieren und diskutieren. Im Idealfall durchlaufen sie dabei alle Phasen des Forschungskreislaufs, sind in jeder Phase eigenständig forschend tätig und präsentieren die Ergebnisse einer Öffentlichkeit.
„Forschendes Lernen zeichnet sich vor anderen Lernformen dadurch aus, dass die Lernenden den Prozess eines Forschungsvorhabens, das auf die Gewinnung von auch für Dritte interessante Erkenntnisse gerichtet ist, in seinen wesentlichen Phasen – von der Entwicklung der Fragen und Hypothese über die Wahl und Ausführung der Methoden bis zur Prüfung und Darstellung der Ergebnisse in selbständiger Arbeit oder in aktiver Mitarbeit in einem übergreifenden Projekt – (mit)gestalten, erfahren und reflektieren.“
Huber 2009, S.11
Forschend zu Lernen bedeutet für die Studierenden viel Selbstständigkeit und Freiheit und auch die Möglichkeit den
Umgang mit Unsicherheit zu üben. Diese Lernform fördert kritisches Denken, wird fast immer in Teamwork realisiert und ermöglichet Interdisziplinarität. Da auch die Ergebnispräsentation zum Forschungskreislauf dazu gehört, bietet sich die Chance Wissenschaftskommunikation zu üben und Anwendungsüberlegungen anzustellen. Fragen zu einer wissenschaftsbasierten Gestaltung der Zukunft können sich anschließen.
Es wird deutlich, dass die Umsetzung von Forschende Lernens die Lehre forschungsbasiert, studierendenzentriert und zukunftsorientiert macht, wie es vom Leitbild Lehre und Studium angestrebt wird. Im Leitbild heißt es wörtlich:
„An der RUB lehren und studieren wir forschungsorientiert. Wir begreifen Lehre und Studium als partnerschaftlichen Prozess, in dem sich Studierende im Austausch mit Lehrenden und Peers Kompetenzen für die Zukunft aneignen.“
(Seite 1 des Leitbilds)
Viel Raum für Fachspezifik
Forschendes Lernen ist ein methodisch recht offenes Konzept, das in der Lehre fachspezifisch umzusetzen ist; Beispiele hierfür finden sich in der
Lehrmuster-Datenbank. Da das forschende Lernen immer einen Bezug zur Forschung aufweist, ist einerseits gewährleistet, dass die Spezifität eines Faches in der Lehre berücksichtigt werden kann. Andererseits verdeutlichen die zentralen Merkmale des forschenden Lernens an der RUB auch wichtige übergreifende Merkmale der Lehre, die mit dem im Leitbild geäußerten Anspruch einhergehen.
Zentrale Gestaltungsmerkmale des Forschenden Lernens an der RUB
Selbstständigkeit bei der Wahl der Fragestellung und der methodischen Vorgehensweisen,
Wissenschaftlicher Anspruch: Orientierung an den (inter-)disziplinären Gütekriterien, kritisch-fragende Haltung,
Offenheit/Freiheit mit Blick auf den Prozessverlauf und das Ergebnis,
Gemeinschaftlichkeit/ Miteinander/ Gemeinsinn in der Arbeitsweise, in der Betreuung und Lehr-Lern-Methode, bei der Präsentation und
Öffentlichkeit bei der Ergebnispräsentation
Die Rolle der Lehrenden im Forschenden Lernen
Die Aufgabe der Lehrenden besteht beim Forschenden Lernen darin, Studierenden einen Rahmen zu geben, innerhalb dessen sie selbstständig agieren können, und ihnen eher als Berater*in und Unterstützer*in zur Seite zu stehen, statt als Experte und Wissensvermittler tätig zu sein.
Im LEHRELADEN finden Sie einen Beitrag, der sich mit Haltung und Rolle(n) von Lehrenden beschäftigt. Schauen Sie mal rein!
Hinweise zur konkreten Umsetzung in der Lehre
In Reinform umgesetzt bedeutet Forschendes Lernen für die Studierenden die Verfolgung einer eigenen Forschungsfrage und das Durchlaufen des gesamten Forschungsprozesses, wobei sie in jeder Phase forschend tätig sind und schließlich ihre Ergebnisse auch der Öffentlichkeit präsentieren. Dieser hohe Anspruch des Forschenden Lernens ist in einer normalen Lehrveranstaltung allerdings meist nicht zu realisieren. Lehrende können aber durch verschiedene Maßnahmen eine Reduzierung der Komplexität und des Umfangs erzielen und so ihren Studiereden forschendes Lernen ermöglichen. Eine Option liegt darin, einen inhaltlichen Schwerpunkt zu setzen.
Statt also den gesamten Forschungsprozess zu durchlaufen, konzentriert sich die Lehre auf eine bestimmte Phase – z.B. die Forschungsergebnisse. Neben dieser inhaltlichen Fokussierung auf die Forschungsergebnisse sind der Umfang und die Komplexität des forschenden Lernens auch von der Aktivität der Studierenden abhängig. Diese kann z.B. von rezeptiv (d.h. die Studierenden bekommen Forschungsergebnisse vorgestellt) über anwendend (d.h. die Studierenden diskutieren Forschungsergebnisse) auf forschend (d.h. die Studierenden arbeiten selbständig Literatur zu einem Forschungsfeld auf) gesteigert werden.
Durch eine Konzentration auf inhaltliche Schwerpunkte und die Festlegung des Ausmaßes der Aktivität der Studierenden können Lehrende das Forschende Lernen in ihrer Lehrveranstaltung also dosiert einbringen.
Weitere Unterstützungsangebote für Forschendes Lernen
Forschendes Lernen wird durch verschiedene Maßnahmen an unserer Universität flankiert. Diese Angebote sollen Sie als Lehrperson dabei unterstützen Forschendes Lernen in Ihrer Lehre umzusetzen.
Informationen zum Universitätsprogramm zum Forschenden Lernen gibt es hier und hier.
Fortbildungen im hochschuldidaktischen Qualifizierungsprogramm: Diese Veranstaltungen finden zweimal pro Jahr statt und sind Teil des Basismoduls des Zertifikats. Der nächste Termin ist der 12. Mai 2025. Melden Sie sich gerne an!
Beratung: auch außerhalb der Fortbildungsveranstaltungen beraten wir Sie gerne zur Planung und Umsetzung von Forschendem Lernen in Ihrer Lehrveranstaltung. Schreiben Sie uns!
Das Manual zum Forschenden Lernen erläutert noch einmal, was Forschendes Lernen ist, und zeigt anhand von Beispielen, wie die fünf Gestaltungsmerkmale in der eigenen Lehre umgesetzt werden können.
Außerdem findet sich Informationsmaterial im LEHRELADEN, wo auch ein Leitfaden für Lehrende zur Umsetzung von Forschendem Lernen im Seminar runtergeladen werden kann.
Beispiele guter Lehre an der RUB finden sich in der Lehrmuster-Datenbank. Schauen Sie doch mal rein!
Worum es in dieser Serie geht
In dieser Serie setzen wir uns gemeinsam mit dem Dezernat 1 und verschiedenen Akteur*innen an der RUB mit dem Leitbild Lehre und Studium auseinander.
Das Leitbild wurde in einem umfangreichen partizipativen Prozess aktualisiert und 2024 veröffentlicht. Es soll für den Lehr- und Lernalltag an unserer Universität handlungsleitend sein.
Wir gehen in dieser Serie auf einzelne Aspekte aus dem Leitbild ein, stellen Ansprechstellen und -personen vor, gehen auf Beratungs- und Weiterbildungsangebote ein und zeigen Beispiele zur praktischen Umsetzung.
Alle Beiträge aus dieser Serie
In dieser Serie nehmen wir das Leitbild "Lehre und Studium: Gemeinsam für die Welt von morgen" unter die Lupe. Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie eine Vision in der Praxis umgesetzt wird? Lesen Sie gerne hier weiter:
Bildnachweis:
Titelbild: © RUB, Marquard
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