Screenshot "Hausarbeiten schreiben Teil 5".

Die Hausarbeit überarbeiten

In diesem Blog-Artikel erfahren Sie, warum selbst erfahrene Schreibende ihre Texte immer wieder überarbeiten und wie auch Sie Ihre Hausarbeiten verbessern können – für bessere Noten, aber auch, um sich als Schreibende*r weiterzuentwickeln.
Worum es in dieser Serie geht
Diese Serie richtet sich an Studierende, die eine Hausarbeit schreiben (wollen). In loser Folge werden wir – die Mitarbeiter*innen des Schreibzentrums – verschiedene Aufgaben erläutern, die beim Schreiben einer Hausarbeit auf Sie zukommen, und Ihnen Anregungen dazu geben, wie Sie sie konkret bewältigen können. Wir werden uns dabei bemühen deutlich zu machen, was fachübergreifend gilt und was fachspezifisch ist. Sie sollten dennoch prüfen (oder jemanden fragen), ob das, was wir hier sagen, auch so auf Ihr Fach zutrifft.

Was es bedeutet, einen Text zu überarbeiten

Wenn man davon spricht, eine Hausarbeit zu überarbeiten, geht es darum, den Text auf mehreren Ebenen zu verbessern. Falls Sie bislang in erster Linie Ihre Rechtschreibung und Grammatik im Blick hatten, könnte es künftig sinnvoll sein, beim Überarbeiten auch andere Brillen aufzusetzen und z. B. die Struktur Ihrer Arbeit durchzugehen, um sicherzustellen, dass sie logisch aufgebaut und klar gegliedert ist, oder sich zu fragen, ob Ihre Argumente schlüssig und gut begründet sind. Überarbeiten ist dabei nicht nur ein separater Schritt nach dem Schreiben, sondern ein kognitiver Prozess, der bereits während des Schreibens stattfindet. Erfahrene Schreibende entwickeln mit der Zeit die Fähigkeit, diesen Prozess teilweise parallel zum Schreiben mitlaufen zu lassen. So werden Aspekte wie Struktur, Argumentation oder Stil bereits während des Formulierens bedacht und kontinuierlich verändert.
"Wenn die erste Version vorliegt, ist das wirklich eine Rohfassung. Die hat mit der Endversion in aller Regel gar nichts mehr zu tun."
Prof. M. Wagner, Theoretische Physik
Wurde Ihnen auch schon mal gesagt, Sie sollen Ihren abgegebenen Text noch mal überarbeiten? Oder vielleicht kennen Sie es auch, dass Sie sich eine Rückmeldung auf Ihren Text geben lassen und dann erst sehen, was Sie alles noch hätten besser machen können? Ich und viele andere kennen diese Situation sehr gut. Das ist dann mitunter frustrierend, dachte man doch, der Text sei eigentlich ganz gut. Ich muss dann in der Regel die Kritik an meinem Text erst einmal sacken lassen, bis ich ihn überarbeite und sehe, wie sehr mein Text von den Rückmeldungen profitiert. Erste Entwürfe sind nun einmal das, was sie sind – erste Entwürfe, die kaum richtig gut sein können. Erfahrene Schreibende überarbeiten ihre Texte häufig mehrfach, und im Laufe dieses Prozesses wird ihnen immer klarer, wie der fertige Text letztlich aussehen soll. In einem Video aus der Reihe „Wie die Prof(i)s Lesen und Schreiben – Eine Interviewserie“, die im Schreibzentrum Frankfurt am Main entstanden ist, berichten Professor*innen darüber, wie sie ihre Texte überarbeiten und welche Rolle das Überarbeiten in ihrem Schreibprozess spielt. Schauen Sie einmal rein, es ist spannend zu erfahren, wie Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Fachrichtungen mit ihren Texten umgehen. In diesem Beitrag finden Sie einige Zitate aus diesem Interview.
Screenshot der Interviewserie des Schreibzentrums der Goethe Universität mit dem Thema "Welche Rolle spielt das Überarbeiten für das Schreiben?" - Wie die Prof(i)s Lesen und Schreiben.
Wie die Prof(i)s schreiben: Welche Rolle spielt das Überarbeiten für das Schreiben? | Youtube

Warum Sie überarbeiten sollten

Durch eine gründliche Überarbeitung können Sie dafür sorgen, dass Sie z. B. Ihre Argumentation schärfen, Unklarheiten beseitigen und Ihre Ausdrucksweise verbessern, so dass Sie als Autor*in eine Textversion finden, mit der Sie zufrieden sind. Darüber hinaus setzen Sie sich während des Überarbeitungsprozesses intensiv mit Ihrem Thema auseinander, was zu neuen Erkenntnissen führen kann – sowohl über den Gegenstand selbst als auch über Ihre eigene Vorgehensweise beim Schreiben einer Hausarbeit. Daneben bringt Sie das Überarbeiten auch dazu, sich mit den spezifischen Anforderungen und Konventionen Ihres Fachs auseinanderzusetzen und zu üben, diese umzusetzen, wovon Sie auch bei Ihren zukünftigen Arbeiten profitieren können. Und bestenfalls wirken sich Ihre Überarbeitungsdurchgänge auch positiv auf die Benotung Ihrer Arbeit aus, weil sie den Anforderungen Ihres Betreuers bzw. Ihrer Betreuerin entspricht.

Woher Sie wissen, was Sie überarbeiten können

Um herauszufinden, was bei einer Hausarbeit von Ihnen erwartet wird, ist es hilfreich, sich zunächst mit den allgemeinen wissenschaftlichen Konventionen vertraut zu machen, die für alle akademischen Arbeiten gelten. Dazu gehören beispielsweise inhaltliche Richtigkeit und Genauigkeit, dass Ihre Argumente und Quellen für andere nachvollziehbar und überprüfbar sein sollten und dass Sie fremde Ideen als solche angeben. Darüber hinaus gibt es fachspezifische Besonderheiten, die je nach Disziplin unterschiedlich sein können, wie Zitationskonventionen, die korrekte Verwendung von Fachwörtern oder bestimmte Methoden, die richtig angewandt werden müssen. Vielleicht hilft es Ihnen, sich Forschungsartikel aus Ihrem Fach anzusehen. Diese können Ihnen als Orientierungshilfe dienen, beispielsweise in Bezug auf den Aufbau der Einleitung oder die Art und Weise, wie Autor*innen ihre eigene Position darstellen. Vergessen Sie jedoch nicht: Eine Hausarbeit ist kein Forschungsartikel, und es wird nicht erwartet, dass Sie bereits auf diesem Niveau schreiben. Und vergessen Sie nicht: Diese Texte sind das Produkt wiederholter Überarbeitungen.
KI-generierte Grafik einer Person die an einem Schreibtisch am Laptop sitzt, umgeben von Lernunterlagen und Schreibutensilien.
Es ist auch nützlich, die individuellen Erwartungen der Prüfer*innen zu kennen, da sie oft spezifische Vorstellungen davon haben, was Studierende bei einer Hausarbeit schon können sollten und was noch nicht. Diese Erwartungen lassen sich meist durch Rückfragen in Sprechstunden, durch Hinweise in der Veranstaltung oder durch den Austausch mit anderen Studierenden herausfinden. Und schließlich spielen natürlich auch Ihre eigenen Vorstellungen eine Rolle – was ist Ihnen wichtig, was gefällt Ihnen persönlich an wissenschaftlichen Texten und was nicht?
„Es gibt keinen einzigen Text, der von mir irgendwo erscheint, den nicht ganz viele Leute gegengelesen hätten.“
Prof. R. Borgards, Germanistik
Wenn Sie tief in Ihren Text eingetaucht sind, fällt es manchmal schwer, zu beurteilen, was gut gelungen ist und was noch verbessert werden könnte. Hier kann eine Außenperspektive sehr hilfreich sein. Vielleicht können Sie sich mit einem Kommilitonen gegenseitig Rückmeldung auf Ihre Texte geben oder Sie bitten eine Schreibtutorin im Schreibcafé, einen Ausschnitt Ihrer Hausarbeit zu lesen. Scheuen Sie sich nicht, schon frühzeitig Feedback zu einem unfertigen Text einzuholen. So haben Sie mehr Zeit, um Änderungen vorzunehmen, und sind offener für Anregungen, da Sie den Text noch nicht selbst mehrfach überarbeitet haben. Sollte es möglich sein, können Sie auch Ihre Prüfenden bitten, einen Ausschnitt Ihrer Hausarbeit zu lesen und Ihnen Feedback zu geben. Wenn Ihre Prüfenden dafür jedoch keine Zeit haben oder dies generell nicht anbieten, sind die anderen Optionen genauso hilfreich. Das Handout „Reflexion zur Überarbeitung “ kann Ihnen helfen, Schwerpunkte für Ihre Überarbeitungen zu setzen. Darüber hinaus finden Sie in unserem umfangreichen Handout zu diesem Thema konkrete Anregungen und Anleitungen, wie Sie Ihre Hausarbeit auf verschiedenen Textebenen überarbeiten können.

Wann und wie Sie überarbeiten können

Es ist wichtig, dass Sie Ihren Text überarbeiten, doch wann Sie dies tun, kann von der Textsorte, Ihrer zur Verfügung stehenden Zeit, Ihren Gewohnheiten bzw. Erfahrungen oder vielleicht auch noch anderen Aspekten abhängig sein. Hier sind einige Möglichkeiten, wie und wann Sie das Überarbeiten sinnvoll in Ihren Arbeitsprozess integrieren können:
Überarbeiten als Einstieg in den Tag: Zu Beginn eines neuen Schreibtags den bereits geschriebenen Text des Vortags durchgehen. Die zeitliche Distanz hilft, frische Perspektiven zu gewinnen und den Text zu verbessern, ohne sofort neue Ideen entwickeln zu müssen.

Überarbeiten während des Schreibens: Kleine Anpassungen und Verbesserungen werden direkt im Schreibfluss vorgenommen, wodurch der Text stetig verfeinert wird.

Kapitelweise Überarbeitung: Erst den gesamten Text oder einzelne Kapitel fertigstellen und diese dann in mehreren Durchgängen überarbeiten. So kann der Text als Ganzes betrachtet und in aufeinanderfolgenden Phasen verbessert werden.

Gezielte Überarbeitungsschleifen: Setzen Sie gedanklich verschiedene Brillen auf, um den Text aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, zum Beispiel: eine Brille für die Struktur, eine für die Argumentation und eine für die sprachliche Genauigkeit. Das hilft, den Fokus zu bewahren und sich nicht in Details zu verlieren.

Endkorrektur vor der Abgabe: Abschließend noch einmal den gesamten Text durchgehen, um letzte Feinheiten wie Rechtschreibung, Grammatik und Zitierweise zu überprüfen.
KI-generierte Grafik eines Blatt Papiers auf dem drei Brillen liegen.
Wenn Sie sich die gedachten unterschiedlichen Brillen aufsetzen, ist es sinnvoll, zunächst mit inhaltlichen und strukturellen Überarbeitungen zu beginnen, da sich hierbei Sätze und Abschnitte noch ändern können. Eine Rechtschreibkorrektur oder das Überprüfen der Formatierung sollte daher ganz am Ende des Arbeitsprozesses erfolgen.
„Dann hab‘ ich es [den handgeschriebenen ersten Entwurf, N.H.] einmal abgetippt, aber dann fängt die nächste Arbeit an: Das gefällt mir alles nicht, das passt irgendwie nicht zusammen, oder es ist zu kurz oder zu lang oder so was. Also gibt es jetzt hier auch wieder diese Durcharbeitungsschritte.“
Prof.in B. Rendtorff, Erziehungswissenschaften
In Ratgebern finden sich häufig Prozentangaben zur Orientierung, wie viel der gesamten Arbeitszeit Sie für das Überarbeiten einplanen sollten. Manche empfehlen 30 %, andere sprechen von noch mehr. Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa davon, wie detailliert Sie Ihren Text vorher geplant haben, ob Sie schon während des Schreibens Überarbeitungen vorgenommen haben und wie viel Zeit Sie dem Überarbeiten insgesamt widmen möchten.
„Die Frage, wann ein Text fertig ist, ist letztlich eine Entscheidungsfrage. Ich bin nicht fertig mit einem Text, sondern ich entscheide mich, dass dieser Text jetzt fertig ist, dass ich ihn als fertig bezeichne.“
Prof. R. Borgards, Germanistik
Planen Sie auf jeden Fall ausreichend Zeit ein. Aber denken Sie daran, dass ein Text irgendwann auch mal fertig sein muss – besonders, wenn die Abgabefrist naht. Natürlich könnte man endlos weiterfeilen, hier noch ein Argument präzisieren, dort noch einen Satz eleganter formulieren. Doch irgendwann kommt der Punkt, an dem man den Text einfach loslassen muss, sonst könnte man theoretisch jahrelang daran sitzen und immer noch nicht zufrieden sein. Perfektion gibt es (vermutlich) nicht, und in der Regel ist Ihr Text besser, als Sie im Moment denken.
Screenshot der Interviewserie des Schreibzentrums der Goethe Universität mit dem Thema "Wann ist ein Text fertig?" - Wie die Prof(i)s Lesen und Schreiben.
Wie die Prof(i)s schreiben: Wann ist ein Text fertig? | Youtube
Weitere Tipps zum Thema Überarbeiten
Eine Seite voller ganz konkreter Tipps zum Überarbeiten finden Sie hier.

In unserem Workshopprogramm bieten wir regelmäßig einen Workshop zum Überarbeiten an.

Bei dem Schreibtutor*innen im Schreibcafé könnten Sie sich Feedback auf Ihre Textentwürfe einholen.

Nutzen Sie gerne auch unsere Schreibberatung!
Mehr aus dieser Serie
In unserer Serie "Hausarbeiten schreiben" sind schon einige Beiträge erschienen. Lesen Sie gerne rein:
Bildnachweis: Nadine Lordick
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Nicole Hinrichs
Nicole Hinrichs ist Koordinatorin der Schreib-Peer-Tutor*innen und ist verantwortlich für ihre Aus- und Weiterbildung. Darüber hinaus konzipiert und moderiert sie Veranstaltungen zum wissenschaftlichen Schreiben für Studierende und Lehrende.

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