Screenshot "Hausarbeiten schreiben Teil 3".

Die Gliederung erstellen

Die typische Einteilung Ihres Textes in Einleitung, Hauptteil und Schluss kennen Sie sicherlich noch aus der Schule. Für eine Hausarbeit an der Uni müssen Sie jedoch noch weiter ins Detail gehen, denn die Bearbeitung der Themen sollte differenzierter sein und der Inhalt Ihrer Arbeit sollte sich bereits anhand der Gliederung erkennen lassen. Mit diesem Blogbeitrag möchte ich Ihnen Anregungen geben, wie Sie zu einer sinnvollen Gliederung für Ihre Hausarbeit kommen können.
Worum es in dieser Serie geht
Diese Serie richtet sich an Studierende, die eine Hausarbeit schreiben (wollen). In loser Folge werden wir – die Mitarbeiter*innen des Schreibzentrums – verschiedene Aufgaben erläutern, die beim Schreiben einer Hausarbeit auf Sie zukommen, und Ihnen Anregungen dazu geben, wie Sie sie konkret bewältigen können. Wir werden uns dabei bemühen deutlich zu machen, was fachübergreifend gilt und was fachspezifisch ist. Sie sollten dennoch prüfen (oder jemanden fragen), ob das, was wir hier sagen, auch so auf Ihr Fach zutrifft.
Je nach Arbeitsphase hat die Gliederung Ihrer Arbeit unterschiedliche Funktionen: Ist Ihre Hausarbeit fertig und eingereicht, zeigt die Gliederung Ihrer Hausarbeit Ihren Leser*innen (in Ihrem Fall vermutlich Ihren Lehrenden), welche Themen und Unterthemen behandelt werden und in welcher Reihenfolge dies geschieht. Dies erleichtert das Verständnis und die Navigation durch die Arbeit. Sind Sie gerade noch dabei, Ihre Hausarbeit zu schreiben, kann Ihre Gliederung Ihnen als Planungswerkzeug dienen, um z. B. sicherzustellen, dass Sie alle relevanten Aspekte zur Beantwortung der Fragestellung behandeln. Im Austausch mit Ihrer Lehrperson kann die Gliederung weitere wichtige Funktionen haben: Sie bietet eine erste Übersicht über die beabsichtigte Struktur und den geplanten Inhalt der Arbeit. Sie hilft Ihrer Lehrperson zu verstehen, wie Sie das Thema angehen möchten, welche Schwerpunkte Sie setzen möchten. Dadurch kann Ihre Lehrperson mögliche Schwächen oder Lücken in der Argumentation oder im Aufbau frühzeitig erkennen und Ihnen entsprechend rechtzeitig Feedback geben. Vielleicht studieren Sie ein Fach, in dem es ein verpflichtendes Gespräch über die Gliederung zu Beginn des Arbeitsprozesses gibt. Es ist verständlich, dass es Ihnen zu einem Zeitpunkt, zu dem Sie wahrscheinlich gerade mal einen ersten Fragestellungsentwurf haben und sich grob in Ihr Thema eingelesen haben, schwerfällt, eine ausdifferenzierte Gliederung zu präsentieren. Aber auch Gespräche über erste Gliederungsentwürfe können hilfreich sein.

Fachspezifische Unterschiede

In verschiedenen Fächern gibt es ganz unterschiedliche Formen von Gliederungen. In vielen Fächern ist der Weg zu einer Gliederung Teil des Forschungsprozesses, entsprechend nimmt die Erarbeitung viel Zeit in Anspruch und kann auch unheimlich spannend sein, wenn sich die Struktur mehr und mehr festigt und der rote Faden (auch für Sie selbst) immer sichtbarer wird. Anders verhält es sich in MINT-Fächern, in denen es eine einheitliche Gliederungsstruktur wie das IMRaD-Schema (Introduction, Methods, Results and Discussion) gibt, der man folgen kann.

MINT und andere quantitativ arbeitende Wissenschaften: IMRaD-Schema

Wie Sie vielleicht bereits aus dem ersten Blogbeitrag dieser Serie wissen, sind Hausarbeiten an die Textsorte wissenschaftlicher Artikel (oder auch Forschungsaufsatz, Fachartikel, Paper o. Ä.) angelehnt. Das IMRaD-Schema ist typisch v. a. für Artikel in empirisch arbeitenden Fächern. Aber auch wenn Sie ein anderes Fach studieren, kann es nützlich sein, sich diese Struktur genauer anzusehen, weil in ihr grundlegende Funktionen und Inhalte der Teile einer wissenschaftlichen Arbeit deutlich werden.
Verschiedene Bücher und Dokumente liegen auf der Wiese; auf den Unterlagen selbst liegt ein roter Faden.

Introduction (Einleitung):

Funktion: Einführung in das Thema, Darstellung des Forschungsproblems, Formulierung der Forschungsfrage oder Hypothese.

Inhalt: Hintergrundinformationen, Relevanz der Studie, Ziele der Arbeit, Überblick über den Stand der Forschung.

Methods (Methoden):

Funktion: Beschreibung der angewandten Methoden zur Datenerhebung und -analyse, um die Reproduzierbarkeit der Studie zu gewährleisten.

Inhalt: Studiendesign, Materialien, Verfahren, Datenanalysemethoden, Begründung der Methodenauswahl.

Results (Ergebnisse):

Funktion: Darstellung der gesammelten Daten und Ergebnisse der Analyse.

Inhalt: Präsentation der Ergebnisse in Textform, Tabellen und Abbildungen, ohne Interpretation.

Discussion (Diskussion):

Funktion: Interpretation und Bewertung der Ergebnisse im Kontext der Forschungsfrage und des Forschungsstands.

Inhalt: Diskussion der Bedeutung der Ergebnisse, Vergleich mit anderen Studien, Implikationen, Grenzen der Studie, Vorschläge für zukünftige Forschung.
Obwohl das IMRaD-Schema eine standardisierte Struktur bietet, kann seine Anwendung je nach Forschungsfrage, Fachdisziplin und spezifischen Anforderungen des Journals (oder in Ihrem Fall: der Lehrperson) variieren. In einigen Arbeiten können zusätzliche Abschnitte eingefügt werden, wie ein Literature Review (Literaturübersicht) zwischen Einleitung und Methoden oder ein Conclusion-Kapitel (Fazit) am Ende. In einigen Disziplinen jedoch, z. B. in den Sozialwissenschaften, kann die Trennung zwischen Ergebnissen und Diskussion weniger strikt sein.

Geisteswissenschaften

In den Geisteswissenschaften gibt es kein verbindliches Äquivalent zum IMRaD-Schema. Dennoch haben sich bestimmte Strukturen und Konventionen herausgebildet. Diese Strukturen oder auch Gliederungsprinzipien sind jedoch flexibler und können je nach Fachdisziplin, Thema und spezifischen Anforderungen der Arbeit variieren. Anders als beim IMRaD-Schema ist es Teil Ihres persönlichen Forschungsprozesses, wie Sie Ihr Material, Ihre Argumentation etc. strukturieren. Hier sind drei Beispiele (Einen Überblick über weitere Gliederungsprinzipien finden Sie in diesem Handout):
Chronologisches Gliederungsprinzip: Eine Hausarbeit über die Entwicklung der feministischen Bewegung im 20. Jahrhundert könnte chronologisch gegliedert sein. Die Abschnitte könnten verschiedene Jahrzehnte oder Phasen der Bewegung behandeln, beginnend mit ihren Ursprüngen im frühen 20. Jahrhundert bis hin zu aktuellen Entwicklungen.

Reihung bzw. systematisches Gliederungsprinzip: Eine Hausarbeit über Umweltbewusstsein könnte thematisch gegliedert sein, indem verschiedene Aspekte wie Recycling, erneuerbare Energien, Umweltschutzgesetze und nachhaltige Landwirtschaft separat behandelt werden. Jeder Abschnitt konzentriert sich auf ein bestimmtes Thema und betrachtet verschiedene Facetten dieses Themas.

Relationales Gliederungsprinzip: Eine Hausarbeit über verschiedene Bildungsmodelle könnte vergleichend gegliedert sein. Die Abschnitte könnten sich jeweils einem Bildungsmodell widmen, wie dem traditionellen Frontalunterricht, dem Montessori-Ansatz und dem Waldorf-Schulsystem, und diese werden dann miteinander vergleichen hinsichtlich ihrer Methoden, Ergebnisse und pädagogischen Ansätze.
Mitunter findet man auch Kombinationen dieser Gliederungsprinzipien, z. B. eine reihende Gliederung auf der 1. Kapitelebene und ein chronologischer Aufbau innerhalb der Unterkapitel. Sie könnten mal in Aufsätzen und Monographien Ihres Fachs nachschauen, wie Forschende dort ihre Texte gliedern. Vielleicht erkennen Sie dadurch Gliederungs-, Forschungs- und Argumentations-Prinzipien, die für Ihr Fach oder für einen Themenbereich typisch sind. Oder Sie bekommen sogar eine Idee, welche Funktionen die einzelnen Kapitel für den gesamten Text haben, ähnlich wie im Überblick oben über das IMRaD-Schema.

Von der Fragestellung zur Gliederung

Haben Sie sich gerade gefragt, warum ich Ihnen nicht Beispiele für Gliederungen gegeben habe? Um Beispielgliederungen entwerfen zu können, hätte ich zusätzlich auch noch Fragestellungen gebraucht. Denn in der Regel leitet sich die Gliederung aus der Fragestellung ab. Manchmal ergibt sich recht schnell aus einer Fragestellung ein erster Gliederungsentwurf einer Hausarbeit, manchmal kann es auch länger dauern. Verschiedene Werkzeuge können Ihnen in diesem Prozess helfen. Einige bevorzugen es, ihre Hauptpunkte auf Karteikarten zu schreiben und diese auf dem Boden zu arrangieren, um sie beliebig umsortieren zu können. Andere schaffen Ordnung durch das Stapeln von Notizen und Texten oder nutzen digitale Mindmaps und wieder andere beginnen zu schreiben und erschaffen durch das Schreiben eine Struktur ihrer Gedanken, woraus sich später die Gliederung ergibt. Wichtig ist, dass die gewählte Methode für Sie funktioniert. Wenn Sie nicht weiterkommen, probieren Sie einen anderen Weg. Eine Gliederung ist zwar unerlässlich, aber keineswegs in Stein gemeißelt. Im Laufe des Schreibens und Forschens kommen oft neue Gedanken auf, die eine Anpassung der Gliederung erfordern können. Insbesondere durch das Lesen weiterer Literatur kann es nötig werden, den ursprünglichen Plan zu überdenken und zu modifizieren.

Ein Beispiel: Wie könnten Sie vorgehen?

Wenn man viele Schreibende fragen würde, wie die Struktur ihrer Arbeit entstanden ist, bekäme man vermutlich viele unterschiedliche Wege erzählt. Manche Schreibende nutzen das Schreiben selbst, um ihre Ideen zu entwickeln, ohne genau zu wissen, wohin die Arbeit führen wird. In solchen Fällen ist es wichtig, dass sie später Struktur in Ihre Arbeit bringen und die Gliederung entsprechend anpassen. Für andere Schreibende fühlt sich der Prozess wie ein Ping-Pong-Spiel an: Eine grobe Struktur wird konkretisiert, während die Textproduktion voranschreitet, was dann möglicherweise eine Überarbeitung der Fragestellung und der Gliederung erfordert und anschließend auch noch mal eine Überarbeitung des bereits geschriebenen Textes. Dieses Ping-Pong-Spiel führt zu einer immer stärkeren Konkretisierung der eigenen Gedanken und somit des Textes. Und wieder andere entwickeln die Struktur, bevor sie überhaupt mit dem Formulieren beginnen. Deshalb kann ich Ihnen auch nicht die eine richtige Schritt-für-Schritt-Anleitung geben, wie Sie von einer Fragestellung (die sich auch im Laufe des Schreibprozesses noch mal verändern kann) zu einer Gliederung kommen können. Anhand des folgenden Beispiels können Sie aber sehen, welche Schritte man gehen kann, welche Fragen man sich dabei stellen kann und welche Entscheidungen man treffen kann. Diese Schritte, Fragen und Entscheidungen tauchen bei fast jeder Gliederungs-Erstellung auf, deshalb sind sie in Rahmen gesetzt. Nutzen Sie sie an den Stellen in Ihrem Arbeitsprozess, an denen sie für Sie passend sind.
Stellen Sie sich vor, Sie schreiben Ihre erste Hausarbeit im Fach Sozialpsychologie mit der vorläufigen Fragestellung „Welche Auswirkungen hat die Nutzung sozialer Medien auf das psychische Wohlbefinden von Jugendlichen?“
Vergewissern Sie sich, dass Sie Ihre Forschungsfrage klar und präzise formuliert haben, und nehmen die einzelnen Bestandteile Ihrer Frage genauer in den Blick.
Notizen zu der Frage: "Welche Auswirkungen hat die Nutzung sozialer Medien auf das psychische Wohlbefinden von Jugendlichen?"
Es ist wichtig, die Fragestellung genau zu verstehen und die Schlüsselbegriffe zu hinterfragen. In diesem Fall sind dies: Welche (dieses Fragewort zielt darauf ab, die verschiedenen Auswirkungen darzustellen), Auswirkung (z.B. nur positive oder auch negative?), Nutzung (z.B. aktiv oder passiv), soziale Medien (gibt es vielleicht Unterschiede oder kann man alle in einen Topf werfen?), psychisches Wohlbefinden (Was genau ist damit gemeint? Wollen Sie sich z.B. auf das soziale Wohlbefinden fokussieren oder auf das Selbstwertgefühl oder die Identitätsbildung?) und Jugendliche (z.B. gibt es geschlechts- oder altersspezifische Unterschiede?) Was genau meinen Sie jeweils damit und wo in der Arbeit soll das näher erläutert werden?
Machen Sie eine umfassende Literaturrecherche und setzen Sie diese ggf. später vertiefend fort, um z.B. besser zu verstehen, was hinter den einzelnen Bestandteilen Ihrer Frage steckt, um Zusammenhänge zu erkennen, eine Idee des aktuellen Forschungsstands zu bekommen. Notieren Sie wichtige Theorien, Modelle, Methoden und Debatten.
Um überhaupt eine Fragestellung entwickeln zu können, haben Sie sich vermutlich schon eingelesen. Als nächstes könnte dann eine gründliche Literaturrecherche folgen, um herauszufinden, was bereits über das Thema bekannt ist. Sie suchen hier nach Studien, Artikeln und Forschungsarbeiten, die sich mit den Auswirkungen der Sozialen Medien-Nutzung auf das psychische Wohlbefinden von Jugendlichen beschäftigen. Sie analysieren dann die gefundenen Quellen, um verschiedene Standpunkte, Theorien, Methoden und Ergebnisse zu identifizieren. Dabei werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet sowie potenzielle Lücken in der Forschung festgestellt. An dieser Stelle kann auch ein Literaturverwaltungsprogramm wie Citavi Ihnen helfen, die Literatur thematisch zu sortieren. Durch die Integration von Citavi in den Arbeitsprozess können Sie Ihre Gedanken, Notizen und Kommentare zur gelesenen Literatur direkt in Citavi speichern, später den einzelnen Kapiteln zuordnen, im Laufe des Schreibprozesses kontinuierlich anpassen und verfeinern und schließlich als Bausteine für Ihren Text exportieren.
Identifizieren Sie basierend auf Ihrer Forschungsfrage und der Literaturrecherche Hauptthemen oder -aspekte, die in Ihrer Arbeit behandelt werden müssen. Diese Hauptthemen bilden die groben Blöcke Ihrer Gliederung.
Vielleicht hilft es Ihnen an dieser Stelle zu clustern. Ein Cluster ist eine Methode des Brainstormings oder der Ideengenerierung. Sie können dafür Stift und Zettel nehmen oder auch digitale Tools nutzen. Im Fall unserer sozialpsychologischen Hausarbeit könnten Sie entweder zu jedem der oben genannten Schlüsselbegriffe einzeln clustern oder aber einen zentralen Begriff für die gesamte Hausarbeit wählen. Schreiben Sie die Hauptidee oder das zentrale Thema in die Mitte eines Blattes Papier oder einer digitalen Arbeitsfläche. Zum Beispiel: „Nutzung sozialer Medien und psychisches Wohlbefinden von Jugendlichen“ oder nur „Auswirkungen“. Beginnen Sie, Ideen oder Begriffe zu notieren, die mit dem zentralen Thema in Verbindung stehen, ohne sie zu bewerten. Schreiben Sie alles auf, was Ihnen einfällt, rausschmeißen können Sie später immer noch.
Mind-Map zu dem Begriff "Auswirkungen."
Vielleicht nutzen Sie auch lieber einzelne kleine Zettelchen und schreiben pro Zettel einen Gedanken oder ein Wort auf. Legen Sie anschließend alle Zettel auf den Tisch sichtbar vor sich hin und schieben sie hin und her. Wo gibt es Zusammenhänge, Hauptthemen, Unterpunkte?
Ordnen Sie die identifizierten Hauptthemen in eine logische Reihenfolge. Überlegen Sie dabei, wie Sie Ihre Argumentation am besten aufbauen und welche Informationen Ihre Leser*innen zuerst benötigen, um den späteren Abschnitten folgen zu können.
Nun könnten Sie Ihre Zettelchen oder das Cluster wieder nutzen, um zu überlegen, welche Aspekte Sie in welcher Reihenfolge bearbeiten wollen. Falls Sie lieber digital arbeiten, nutzen Sie gern Tools zum Mindmapping. Es kann sein, dass plötzlich neue Fragen und Zusammenhänge auftauchen und Sie sich erneut fragen, was Sie denn eigentlich genau untersuchen wollen. Beispielsweise könnten Sie sich beim psychischen Wohlbefinden auf die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen einer Person fokussieren. Basierend auf der Literaturrecherche und den Ideen, die Ihnen beim Sortieren Ihrer Gedanken oder beim ersten Formulieren von Textteilen kamen, könnten Sie dann entscheiden, welche Hauptthemen und Unterpunkte in der Hausarbeit behandelt werden sollen. Hier könnten Sie sich z. B. fragen: Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle (z. B. Nutzungsdauer, Art der Interaktionen, Selbstwertgefühl)? Gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen Altersgruppen oder Geschlechtern? Welche psychologischen Mechanismen könnten hinter den beobachteten Auswirkungen stehen? Auch wenn alles wichtig und spannend erscheint, Sie können nicht alles behandeln, deshalb ist Schreiben leider auch ein ständiges Entscheidungen treffen. Aber keine Sorge, das Gute ist, Sie können die Entscheidungen auch immer revidieren. Wie beim Ping-Pong müssten Sie nun zurück zu Ihrer Ausgangsfrage und diese konkretisieren. Nehmen wir mal an, Sie entscheiden sich dann für die Bearbeitung der folgenden Frage: Welche positiven Auswirkungen auf die Gestaltung ihrer Peer-Beziehungen hat die aktive Nutzung verschiedener sozialer Medien von weiblichen Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren? Sie sollten nachvollziehbare Gründe für diese Auswahl haben und diese ggf. in der Einleitung erläutern.
Für einen ersten Gliederungsentwurf entwickeln Sie für jedes Hauptthema spezifische Unterpunkte. Diese können beispielsweise theoretische Hintergründe, methodische Ansätze, empirische Ergebnisse oder Fallbeispiele sein.
Aus den sortierten Zetteln oder der Mindmap lässt sich anschließend eine Gliederung ableiten. Vielleicht sieht Ihr erster Gliederungsentwurf so aus:
1. Einleitung, 2. Theoretischer Hintergrund, 3. Positive Auswirkungen der aktiven Nutzung sozialer Medien auf Peer-Beziehungen bei weiblichen Jugendlichen, 3.1 Verbesserte soziale Vernetzung und Kommunikation, 3.2 Förderung sozialer Unterstützung und Solidarität, 3.3 Erweiterung des sozialen Netzwerks und sozialer Kompetenzen, 4. Fazit.
Überarbeiten Sie Ihre Gliederung: Schätzen Sie ein, welchen Umfang jedes Kapitel haben könnte, überprüfen Sie die Reihenfolge der Kapitel und kontrollieren Sie die Formulierungen der Überschriften!
Durch das weitere Planen, Lesen und Formulieren wird sich Ihre Gliederung sicherlich weiter konkretisieren und verändern. Vielleicht schreiben Sie auch Textteile, die Sie mal in das eine, mal in das andere Kapitel schieben. So werden Sie in unserer imaginierten Hausarbeit bestimmt irgendwann mal einen Absatz zur Definition und Funktionen von Peer-Beziehungen schreiben. Vielleicht wird er anfangs in der Einleitung gestanden haben, weil Sie dort begonnen haben, haben dann aber gemerkt, dass er viel besser in eine Fußnote im Hauptteil passt, und letztlich landet der Absatz doch im Theorieteil.
Um Ihren Gliederungsentwurf zu überarbeiten, können Sie sich stichpunktartig zu jedem Kapitel Ideen notieren und anschließend auswerten, welche Kapitel bereits klar sind und bei welchen Unsicherheiten bestehen. Lesen Sie Ihre Notizen durch, unterstreichen Sie zentrale Aspekte und beschreiben Sie in ganzen Sätzen den Beitrag jedes Kapitels zur Beantwortung Ihrer Fragestellung. Einigen Schreibenden hilft es, sich zu überlegen, wie viele Seiten sie zu den einzelnen Kapiteln schreiben wollen, andere schreiben auch direkt drauf los und überarbeiten Inhalt und Umfang später. Das Planen des Umfangs geht mit der Planung des Inhalts der einzelnen Kapitel einher. Was genau soll z. B. in Kapitel 3.1 „Verbesserte soziale Nutzung und Kommunikation stehen? Und ist das auf z.B. einer Seite machbar, ohne nur an der Oberfläche zu bleiben? Anregungen“ für diese Arbeitsschritte finden Sie auch in den Handouts zu den Themen Kapitel strukturieren und Gliederung überprüfen.
Bei der Formulierung der einzelnen Überschriften können Sie fragengeleitet oder ergebnisorientiert vorgehen. Z. B. steckt hinter der Kapitelüberschrift „Verbesserte soziale Vernetzung“ die Frage Wodurch entsteht eine verbesserte soziale Vernetzung? Und hinter der Überschrift „Erweiterung des sozialen Netzwerks und sozialer Kompetenzen“ steckt das Ergebnis Soziale Medien erweitern das soziale Netzwerk und soziale Kompetenzen. Falls Sie die Überschriften noch nicht konkret formulieren können, kann das ein Hinweis darauf sein, dass Ihnen noch nicht ganz klar ist, was das Ziel des entsprechenden Kapitels ist. In dem Fall lohnt es sich, noch mal z. B. schreibend darüber nachzudenken, warum Sie dieses Kapitel zur Beantwortung Ihrer Fragestellung benötigen.
Vielleicht sieht Ihre Gliederung dann irgendwann so aus:
1. Einleitung, 2. Theoretischer Hintergrund, 2.1 Definition und Funktionen von Peer-Beziehungen, 2.2 Charakteristika der aktiven Nutzung sozialer Medien, 3. Positive Auswirkungen der aktiven Nutzung sozialer Medien auf Peer-Beziehungen bei weiblichen Jugendlichen, 3.1 Verbesserte soziale Vernetzung und Kommunikation, 3.2 Förderung sozialer Unterstützung und Solidarität, 3.3 Erweiterung des sozialen Netzwerks und sozialer Kompetenzen, 4. Diskussion, 5. Fazit, 6. Literaturverzeichnis.
Für Sie selbst als Schreibplan oder um sich mit anderen über die Gliederung auszutauschen, kann es hilfreich sein, sich zu notieren, was Sie in den einzelnen Kapiteln tun wollen. In das Inhaltsverzeichnis kommen die Bulletpoints jedoch nicht hinein.
Beispiel einer Gliederung zum Thema "Positive Auswirkungen der aktiven Nutzung sozialer Medien auf Peer-Beziehungen bei weiblichen Jugendlichen."
Nutzen Sie den jeweils aktuellen Stand Ihrer Gliederung, um sich über Ihre Arbeit auszutauschen.
Ihre Lehrperson kann Ihnen zeigen, an welcher Stelle noch Lücken in der Argumentation sind, welche Kapitel Sie vielleicht auch nicht brauchen. Die Gliederung kann Ihrer Lehrperson als Orientierung dienen, wenn Sie mit ihm*ihr über einen speziellen Aspekt Ihrer Arbeit sprechen möchten. So kann Ihre Lehrperson Sie mithilfe Ihrer Gliederung z. B. auch bei Entscheidungen (weitere Forschungsliteratur, zu erwartender Umfang von Kapiteln etc.) unterstützen. Sie können aber auch mit Kommiliton*innen oder den Schreibtutor*innen im Schreibcafé über Ihre Gliederung sprechen. Indem Sie sie jemand anderem erzählen, kommen Sie ins Denken und merken wahrscheinlich selbst, an welchen Stellen Sie noch nachschärfen müssen oder wo Sie einen zu geringen Seitenumfang eingeplant haben.
Zwei Personen sitzen an einem Tisch und schauen sich gemeinsam Notizzettel an.
Konkrete Tipps für Gliederung Ihrer Hausarbeit
Ausgewogene Abschnitte: Die Abschnitte sollten in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen und keiner sollte unverhältnismäßig lang oder kurz sein.

Relevanz: Jeder Abschnitt sollte relevant sein und zur Beantwortung der Forschungsfrage beitragen.

Kohärenz: Die einzelnen Abschnitte sollten logisch aufeinander aufbauen und einen roten Faden durch die Arbeit ziehen.

Formulierung: Die Kapitelüberschriften sollten Ihren Leser*innen eine Vorstellung geben, was in den Kapiteln behandelt wird. In der Regel werden Nominalphrasen verwendet, Fragen und Aussagesätze sind eher selten.

Nummerierung: Gibt es bei Ihnen fachspezifische Vorgaben z.B. ob Sie Ihre Arbeit nummerisch (ausschließlich Zahlen) oder alphanumerisch (Buchstaben und Zahlen) gliedern sollen? Die nummerische Gliederung ist aktuell verbreiteter.

Hierarchische Gliederung: Hauptkapitel (1, 2, 3) sollten in sinnvolle Unterkapitel (1.1, 1.2, 2.1, 2.2) unterteilt werden, um die Struktur zu verdeutlichen. Unterkapitel sollten nur gesetzt werden, wenn es mindestens 2 sind (bei z.B. 1.1 muss es auch 1.2 geben). Inhaltlich lässt es sich so erklären, dass die Summe der Unterkapitel das Hauptkapitel ergibt.

Übersichtlichkeit: Bei mehr als drei Ebenen (z.B. 2.3.4.1) könnte Ihre Gliederung unübersichtlich werden. Wenn Sie dennoch mehr Gliederungsebenen einführen möchten, könnten Sie stattdessen auch Zwischenüberschriften wählen.

Inhaltsverzeichnis: Die Seite nach dem Deckblatt ist in der Regel das Inhaltsverzeichnis. Zusätzlich zu Ihrer Gliederung, die Sie mit Seitenzahlen versehen, findet sich dort auch der Verweis auf mögliche Abbildungs-, Tabellen- und Abkürzungsverzeichnisse und den Anhängen.
Sie suchen Unterstützung beim Erstellen einer Gliederung?
In unserem Workshopprogramm bieten wir regelmäßig Veranstaltungen zum Thema Strukturieren an.

Die Schreibtutor*innen im Schreibcafé können Ihnen Feedback z.B. auf den Entwurf einer Gliederung geben.

Und wenn Sie einmal gar nicht vorankommen und den z.B.: Eindruck haben, dass einfach alles mit allem zusammenhängt, können Sie in einer Schreibberatung individuelle Vorgehensweisen für das Erstellen einer Gliederung entwickeln.
Im nächsten Beitrag dieser Serie geht es um darum wie man eine Fragestellung entwickelt.
Mehr aus dieser Serie
In unserer Serie "Hausarbeiten schreiben" sind schon einige Beiträge erschienen. Lesen Sie gerne rein:
Bildnachweis: Fotos 1-3: Nicole Hinrichs, Foto 4: Nadine Lordick, Gliederungen: adobe express
Kommentare

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Neuigkeiten aus dem ZfW per E-Mail erhalten

Image
Nicole Hinrichs
Nicole Hinrichs ist Koordinatorin der Schreib-Peer-Tutor*innen und ist verantwortlich für ihre Aus- und Weiterbildung. Darüber hinaus konzipiert und moderiert sie Veranstaltungen zum wissenschaftlichen Schreiben für Studierende und Lehrende.

Archiv

Ältere Beiträge rund um das Thema E-Learning finden Sie im Net[t]working-Blog.
Logo des eLearning-Blogs der RUB.

RSS-Feed