Die Schreibpeertutor*innen-Konferenz 2025

Beitragsbild: Die Schreibpeertutor*innen-Konferenz 2025
Die Schreibpeertutor*innen-Konferenz (SPTK) ist in der schreibdidaktischen Szene ein fester Bestandteil. Jährlich treffen sich Schreibtutor*innen aus dem deutschsprachigen Raum – und manchmal darüber hinaus – um sich über verschiedene Aspekte der studentischen Schreibberatung auszutauschen. Dieses Jahr hat das StudierendenWerk Berlin auf den Campus der SRH Berlin University of Applied Sciences eingeladen und wir sind der Einladung für drei Tage gefolgt.

Wir fahren nach Berlin!

Wir? Dieses Mal waren es Laura, Nele, Karo und ich, André, die sich in die Bahn gesetzt haben, um zur SPTK zu fahren. Allerdings mit etwas unterschiedlichen Zielen! Während die drei studentischen Schreibtutorinnen Laura, Nele und Karo am Konferenzprogramm interessiert waren, war ich als Mitarbeiter des Schreibzentrums mehr daran interessiert, Schreibtutor*innen und Mitarbeiter*innen aus anderen Schreibzentren zu treffen und über aktuelle Themen der Schreibzentrumswelt zu sprechen.
Schreibpeertutor*innen-Konferenz 2025: Bild vom Tagesablauf und Getränken

Mit einem warmen Getränk ging es in den vollgepackten Konferenztag

Thema der Konferenz

Ausgerichtet vom StudierendenWerk Berlin ging es in diesem Jahr um das Thema „Gemeinsam Veränderungen begegnen“. Dabei ging es insgesamt um gesellschaftliche, strukturelle und technische Veränderung, die das Schreiben an der Uni und somit auch die studentische Schreibberatung beeinflussen. Einen besseren Eindruck können aber Nele, Laura und Karo geben.

Nele, wie war die SPTK für dich?

Die SPTK 2025 war in vielerlei Hinsicht abwechslungsreich, inspirierend, voll von Gesprächen und neuen Themen. Einer der ersten Vorträge, die wir besucht haben, ist mir besonders in Erinnerung geblieben.
„Es ging um die Schwierigkeiten und Herausforderungen, die sich sowohl für Studierende als auch Schreibzentren in Zeiten gesellschaftlicher Vereinsamung bemerkbar machen. “
Der Vortrag sollte vor allem den Raum für uns Schreibtutor*innen öffnen, sich darüber auszutauschen. Jede vierte Person in der Altersgruppe 18-29 Jahre fühlt sich laut den referierten Studien einsam. In unserer Arbeit als studentische Schreibberater*innen sehen wir auch, dass Studierende teilweise überrascht sind, dass der Austausch übers Schreiben angeboten wird. Ein Grund für diese Vereinsamung sind auch die ökonomischen Unsicherheiten. Durch bspw. Nebenjobs fehlt Studierenden die Zeit, um an extracurricularen Angeboten, wie bspw. Schreibworkshops oder -beratung, teilzunehmen.

Natürlich haben wir auch überlegt, was man dagegen tun kann: Vielleicht ist es für die Zukunft neben den (Schreib-)Angeboten genauso wichtig, Räume zu schaffen, die für Studierende soziale Vernetzung und Gemeinschaftsbildung fördern. Der Fokus muss sein, dass eine Schreib-Community geschaffen wird, in der Studierende Schreibvertrauen gewinnen.
Wie das genau aussehen könnte, blieb dabei jedoch offen. Einige Ideen waren, gut gelegene Räumlichkeiten zu schaffen, Studierende in die Themenwahl von Schreibangeboten einzubinden und „einfach dranzubleiben“. Vermutlich müssen diese und weitere Ideen aber auf den Ort des jeweiligen Schreibzentrums und die dort bestehenden Möglichkeiten abgestimmt und umgesetzt werden. Es wird nicht die eine Lösung geben. Aber es bleibt die Erkenntnis, dass Schreibzentren mit den sozialen Transformationen unserer Gesellschaft mitgehen müssen.

Laura, was hast du auf der SPTK erlebt?

Der Workshop „Wer fühlt sich hier eigentlich wohl? Soziale Ungleichheit, Habitus und Schreibberatung an der Hochschule“ ist mir nachträglich besonders in Erinnerung geblieben. In Anlehnung an Pierre Bourdieus Kapital- und Habituskonzept haben wir gemeinsam in größerer Gruppe reflektiert, wie soziale Ungleichheiten den Unialltag und damit auch die Schreibberatung beeinflussen können. Im Zentrum des Workshops stand besonders die Frage, wie wir als Schreibtutor*innen sensibler auf Unterschiede u. a. hinsichtlich Ressourcen und Status von Ratsuchenden reagieren können. Dabei sind wir vertiefend auch auf eigene Erfahrungen im Hinblick auf soziale Ungleichheiten eingegangen und haben eingangs zunächst festgehalten, inwieweit das Konzept für uns selbst eine Rolle gespielt hat und immer noch spielt.
In Anlehnung an eigene Erfahrungen sowie an den anschließenden kollegialen Austausch konnten viele konkrete Ansätze herausgearbeitet werden, die sozial benachteiligten Ratsuchenden in der Schreibberatung zugutekommen könnten. Das Verweisen auf konkrete Angebote, bspw. das Methodenzentrum oder die psychologische Studienberatung der jeweiligen Universitäten, sowie das Aufmerksammachen auf Möglichkeiten wie zum Beispiel den Nachteilsausgleich wurden dabei genannt. Festgehalten haben wir auch, dass schon hilfreich sein kann, sich der sozialen Ungleichheiten bewusst zu machen, um für diese in Beratungssituationen sensibler zu sein.
Zusätzlich waren wir uns einig darüber, dass das Nicht-Wissen im akademischen Raum entstigmatisiert werden muss, damit Studierende sich eher überwinden können, entsprechende Hilfe anzunehmen.
„Das Wissen darum, dass wissenschaftliches Schreiben keine angeborene Fähigkeit ist, sondern gelernt werden muss, kann Ratsuchenden dabei helfen, selbstbewusster mit den Schreibaufgaben im universitären Kontext umzugehen.“
Dass der Workshop definitiv das Bewusstsein für soziale Ungleichheiten in Beratungssituationen aber auch im Allgemeinen verstärken konnte, wurde in der eindringlichen Diskussion im Plenum deutlich, die besonders das Ende des Workshops geprägt hat. Es wurde deutlich, inwieweit fehlendes Bewusstsein über soziale Ungleichheiten für Betroffene auch verletzend sein kann. Das hierbei teils hitzig geführte Gespräch ließ im Ansatz erahnen, inwieweit soziale Ungleichheiten die meisten Menschen auf verschiedene Art und Weise in ihrem Werdegang, Selbstbild und Umgang mit akademischen Schwierigkeiten beeinflussen können.

Karo, was war dein Highlight?

Als ich von der SPTK in Berlin gehört habe, dachte ich direkt: Da bin ich dabei! Ich stehe noch relativ am Anfang meines Schreibtutorinnen-Daseins und wollte einfach in verschiedene Bereiche hineinschnuppern, um zu sehen, was das Schreibtutor*in-Sein alles mit sich bringen kann. Mein Highlight an der SPTK war, dass man plötzlich viele Menschen kennengelernt hat, die genau das Gleiche machen wie man selbst und mit denen man sich ausführlich über die Arbeit austauschen kann, ohne sich zuvor jemals begegnet zu sein. Es war sehr interessant zu erfahren, wie andere Schreibzentren und insbesondere Schreibtutor*innen arbeiten.
„Aus den Erzählungen der anderen konnte man viel für die eigene Arbeit mitnehmen und diese mit frischen Gedanken reflektieren. Beispielsweise hatten wir ein längeres Gespräch darüber, wie man Peer-Angebote attraktiver gestalten kann.“
Die vielfältigen Erfahrungen der Teilnehmenden aus unterschiedlichen Schreibzentren führten zu einer angeregten und vielseitigen Diskussion. Besonders toll fand ich auch, dass die Workshops sehr aktuelle Themen behandelten, die uns alle im Arbeitsalltag als Schreibtutor*innen betreffen. Sehr inspiriert und zum Nachdenken angeregt hat mich, wie Nele auch, z. B. der Vortrag „Gem(einsames) Schreiben – Schreibzentren in Zeiten gesellschaftlicher Vereinsamung“ von einer Peer-Kollegin aus Köln. Das Thema Einsamkeit beim Schreiben ist tatsächlich etwas, das wir auch in unserer Beratungspraxis häufig beobachten. In Bochum haben wir uns in den letzten Wochen ebenfalls Gedanken gemacht, wie wir dem Problem begegnen können und bereits einige Ideen entwickelt, die wir im kommenden Jahr umsetzen möchten.
Die SPTK hat mir noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig es ist, sich zu vernetzen und miteinander in Austausch zu kommen!

Mit der Community im Gespräch

In verschiedenen Konstellationen habe ich mit Leuten aus der Community über aktuelle Entwicklungen in Schreibzentren und anderen schreibdidaktisch orientierten Einrichtungen gesprochen. Gerade beim Thema Finanzierung und Budgetkürzungen gab es viel Gesprächsbedarf und dabei hat sich gezeigt, dass, auch wenn niemand eine Lösung hatte, es helfen kann, Sorgen auszusprechen.
Hinzu kam ein Thema, das eigentlich immer besprochen wird, wenn die Community zusammenkommt: Wie nehmen Studierende unsere Angebote (hauptsächlich Workshops und Beratung) an? Durch Digitalisierung, Pandemie, KI, wirtschaftliche Veränderungen etc. kommt eigentlich jedes Jahr etwas Neues hinzu, das einen Einfluss auf Studierende, das Studieren und das Leben ganz generell hat. Das merken wir an Schreibzentren insofern, als dass Anmeldezahlen schwanken und sich Beratungsanfragen und -anliegen ändern. Ein Aspekt, der in diesem Zusammenhang stark besprochen wurde, war, dass Angebote überdacht und abgeändert wurden. Frequenz und Dauer von Workshops wurden und werden angepasst. Wir haben bspw. schon zu Beginn des Wintersemesters 25/26 die meisten Workshops von 3-4 Stunden auf 2 Stunden gekürzt und neu konzipiert.
Natürlich kam – wie sollte es auch anders sein – das Thema textgenerierendeKünstliche Intelligenz auf. Interessant war, dass ein Phänomen, das ich in einigen Beratungen beobachtet habe, auch bei anderen Leuten aufkam: Studierende haben Angst davor, dass man ihnen vorwerfen könnte, sie hätten ihre selbstgeschriebenen Texte mit einer KI verfasst, weil eine Internetseite oder ein Programm das sagt. Ich finde das sehr beunruhigend und es zeigt nur noch eine weitere Schattenseite dieser technologischen Entwicklung.

Nach der Konferenz: Dunkle Materie in Berlin

Die Konferenztage waren zwar lang, aber man ist ja nicht alle Tage in Berlin und dort gibt es ja durchaus einiges zu sehen.
Schreibpeertutor*innen-Konferenz 2025 Bild: 26 C° im Glashäuschen lässt es sich im bewölkten Berlin aushalten (Laura, André und Karo v.l.n.r.).

26 C° im Glashäuschen lässt es sich im bewölkten Berlin aushalten (Laura, André und Karo v.l.n.r.).

Nach einem Getränk zum Aufwärmen ging es weiter in ein Museum, das für uns alle eine außergewöhnliche Erfahrung war. Im Dark Matter gibt es sieben Räume, in den großformatige Kunstinstallationen mit Licht, Raum, Bewegung und Klang auf Wahrnehmung und Emotionalität eingewirkt haben. Ohne zu sprechen haben wir meistens etwa 20 Minuten vor – genau genommen aber auch in oder auf – den Kunstwerken verbracht und die Mischung aus Licht, Dunkelheit, Ambience-Musik, Bewegung und Stille auf uns wirken lassen.
DARK MATTER Berlin / artist: Christopher Bauder

DARK MATTER Berlin / artist: Christopher Bauder

Weder meine Beschreibung noch ein Bild geben im Ansatz wieder, was wir dort erlebt haben. Wir haben danach auch noch lange beim Abendessen besprochen, wie wir dieses Erlebnis empfunden haben und wie sich die unterschiedlichen Sinneseindrücke mit uns gemacht haben. Deshalb, auch wenn das nicht das eigentliche Thema dieses Blogartikels ist, gibt es für das Dark Matter eine klare Empfehlung von uns.

Geht’s nächstes Jahr wieder auf die SPTK?

Ja! Egal wo die SPTK sein wird, wir sind dabei!
Und was machen die Schreib-Peertutor*innen an der RUB??
Unsere Schreibtutor*innen beraten von Montag bis Freitag zwischen 10 und 16 Uhr im Schreibcafé im Erdgeschoss der UB. Kommt gerne vorbei, ein Termin ist nicht notwendig.

Neugierig geworden auf die Arbeit als Schreibtutor*in? Im Februar 2026 starte der Kurs um Optionalbereich „Schreibtutor*innen-Qualifizierung“. Alle Infos findet ihr hier. Anmeldung noch bis zum 15. Januar 2026

Wenn ihr nicht allein schreiben wollt: Im Schreibcafé könnt ihr mit und neben anderen Schreiben und in unseren Schreibveranstaltungen findet ihr intensiven Austausch über verschiedene Schreibthemen.
Bildnachweise: André Deutscher
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André Deutscher
André Deutscher arbeitet im Zentrum für Wissenschaftsdidaktik. Als Teil des Schreibzentrumsteams gibt er Beratungen, führt verschiedene Veranstaltungen zum wissenschaftlichen Schreiben durch und erarbeitet mit internationalen Studiengängen schreibdidaktische Elemente.

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